Wir müssen selbst etwas tun

Haushaltsrede am 13.12.2021 – Hans-Uwe Daumann

Wir haben in der Hauptausschuss-Sitzung, in der wir uns für heute vorbereitet haben, die Vizepräsidentin der ADD kennengelernt, die Chefin der rheinland-pfälzischen Kommunalaufsicht. Man kann ihr vorwerfen, dass sie die besondere Problematik des Ludwigshafener Stadthaushalts nicht wirklich verinnerlicht hat, aber das ist nicht entscheidend. Ich habe ihrem Vortrag einige Erkenntnisse zu verdanken. Wir sind – mit Trier – die Sorgenkinder unter den Oberzentren in Rheinland-Pfalz. Wir pochen – zu Recht – darauf, dass das Land den Kommunalen Finanzausgleich anpassen muss. Wir unterstützen das Verfahren der Stadt Pirmasens und des Kreises Kaiserslautern vor dem Bundesverfassungsgericht. Wir verlangen Konnexität von Bund und Land. Wir hoffen auf das Koalitionsversprechen im Bund, den hochverschuldeten Städten beim Schuldenabbau zu helfen. Das ist alles richtig und wichtig, aber es reicht nicht. Wir können der ADD nicht vorwerfen, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag ernst nimmt und der extrem verschuldeten Stadt Ludwigshafen Beschränkungen auferlegt.

Wir müssen selbst etwas tun. Es hilft nicht, den Kopf in den Sand zu stecken. Realistisch betrachtet kommen wir nie mehr zu regelmäßig ausgeglichenen Haushalten, wenn wir nicht zu eigenen Anstrengungen bereit sind. Es gäbe Wichtigeres zu tun als in meinen Augen sinnlose Protestkundgebungen gegenüber der ADD zu starten. Wer es probiert hat, siehe der Kaiserslauterer Stadtrat, ist am Ende doch eingeknickt. Wir müssen den Gedanken zulassen, dass nicht jedes der Probleme in der Stadt mit verstärkter Beanspruchung des städtischen Budgets gelöst werden kann, mit zusätzlichem Personal, mit höheren Ausgaben. Und, da zitiere ich Begoña Hermann, das schließt den Pflichtteil des Haushalts mit ein. Wir müssen in der Lage sein, über Standards zu reden. Wir müssten als erwachsene Menschen hier fraktionsübergreifend bereit sein, Einschnitte zu diskutieren und Prioritäten zu setzen. Das Portfolio der städtischen Aufgaben wird über die Jahre größer, und zwar in raschem Tempo. Auch bei den Einnahmen tut sich etwas, durch neue Schlüsselzuweisungen, höhere Bundesanteile bei Sozialausgaben. Doch auch das reicht bei weitem nicht aus.

Damit die Stadt ihre Zukunftsaufgaben wuppen kann, müssen liebgewonnene Gewohnheiten auf den Prüfstand. Wir müssen lernen, Prioritäten zu setzen und Kompromisse zu schließen. Wir alle sehen den großen Nachholbedarf in vielen Bereichen, ich nenne hier aus grüner Sicht Klimaschutz, Mobilität, Energie, Digitalisierung, Bildung und Integration. Auch wenn nicht alles Konsens ist, was speziell wir Grüne wollen, dann sehe ich doch eine große Einigkeit bei vielen Themen, die nicht schnell genug vorankommen: Radwegeausbau, Schul- und Kita-Baumaßnahmen, Ausstattung unserer Schulen, ÖPNV, digitaler Bürgerservice, Baumnachpflanzungen … Wenn wir uns einig sind, dass es ein paar essentielle Schwerpunkte geben muss, dann müssten wir auch in der Lage sein, woanders Abstriche zu machen. Dann müsste es einleuchten, dass es keine 10 neuen Hundekotmobile geben wird. Dass es auch kein neu erbautes zentrales Rathaus für die komplette Kernverwaltung geben kann. Um ein Beispiel zu nennen, das uns speziell weh tut: Das Frauennachttaxi, das hier glaube ich fast alle wichtig finden, für das die Verwaltung recherchiert und kalkuliert hat, wird es erst einmal nicht geben. Es sei denn, es gibt einen Deckungsvorschlag. Das ist für uns ein harter Brocken. In mancher Hinsicht steigen wir in der Metropolregion gerade von der zweiten in die dritte Liga ab. Und trotzdem kann es nicht einfach heißen: Der langfristige Erhalt der Friedrich-Ebert-Halle kostet 50 Millionen Euro – egal! Es kann nicht heißen: Der Ausbau der Hohenzollernstraße kostet 11,5 Millionen Euro mehr als veranschlagt – egal! Wenn die Konzepte überzeugend sind, dann müssen auch die Finanzierungsideen überzeugend sein. Wir sind aus dem Wünsch-Dir-was schon lange heraus. 2,5 Jahre vor der nächsten Wahl sollten wir alle in der Lage sein, über unseren Schatten zu springen und gemeinsam vernünftige Entscheidungen zu fällen.

Das heißt dann: Eine Grundsteuererhöhung nicht abzulehnen, der wir uns ohnehin nicht verweigern können. Jeder weiß, dass wir Grüne mit dem Beitrag des ortsansässigen Weltunternehmens zum städtischen Steuersäckel unzufrieden sind, aber die Gewerbesteuer wurde gerade erst vor Corona erhöht. Auch wenn wir sie bald weiter erhöhen müssen: Der Beitrag der BASF für das Gemeinwesen an ihrem Hauptstandort wird wohl auch künftig nicht dem entsprechen, was aus unserer Sicht angemessen und auskömmlich wäre.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit einem – im Rahmen der allgemeinen Misere – genehmigungsfähigen Haushalt bei der ADD antreten sollten. Statt zum Haushalt 2022 noch nachzusitzen und Strafarbeiten zu machen sollten wir als Stadtrat besser proaktiv einfordern, dass die Verwaltung weiter an ihren Strukturen arbeitet, dass sie sich besser organisiert und dass auch das Fördermittelmanagement noch verbessert wird. Bei allen größeren Vorhaben der nächsten Jahre sollten wir in Betracht ziehen, ob wir etwas wirklich dringend brauchen, oder nicht. Ob wir gerade die nachhaltigste und wirtschaftlichste Lösung diskutieren, oder eben nicht. In der Nachbarstadt Mannheim versucht man das an Hand von „strategischen Handlungsfeldern“ sichtbar zu machen. Bei uns sind wir schon am Produkthaushalt gescheitert: Bis auf wenige Ausnahmen können wir gar nicht wirklich ermessen, was das „Produkt“ einer Haushaltseinheit wirklich ist.

Wir Grüne im Rat sind dazu bereit, diesen Haushalt zu beschließen. Auch wenn die ADD-Vizepräsidentin der Meinung ist, sie seien überhöht: Die freiwilligen Leistungen halten wir in dieser Höhe für absolut gerechtfertigt. Ich bin der Verwaltung dankbar, weil sie unter schwierigen Bedingungen einen ausgewogenen Entwurf vorgelegt hat. Wir sind bereit, dem zuzustimmen.

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